Offener Brief an Wladimir Putin


Lieber Wladimir

Ich schreibe Dir auf Deutsch, denn Dein Deutsch ist um Längen besser als mein Russisch.
Ich muss zugeben: Ich bin ziemlich sauer auf Dich. Da habe ich im Januar dieses Jahres begonnen, meine Russischkenntnisse aufzufrischen in der Erwartung, Dein wunderschönes Land wieder einmal zu besuchen, aber daraus wird wohl in nächster Zeit nichts.

Wladimir, Du bist fünf Jahre älter als ich, also definitiv in einem Alter, wo man das Leben ein wenig gelassener nehmen könnte. Stattdessen willst Du es nochmals so richtig wissen und – so vermute ich – als der Held in die Geschichte eingehen, der das einstige sowjetische Reich wiederaufgebaut hat.

Aber jetzt einmal ganz abgesehen von dem vielen Leid, das Du da für andere verursachst, und das Dich offensichtlich wenig interessiert, denke doch bitte auch einmal an Dich! Ist denn das noch ein Leben, wenn man seine Getränke und Speisen immer durch einen Vorkoster testen lassen und dann warten muss, bis man sicher ist, dass er nicht daran stirbt? In der Zwischenzeit würde mir der Appetit vergehen, genau so wie ich es nicht aushalten würde, wenn ich mich einsperren müsste, damit mich niemand umbringen kann.

Wladimir, Пожалуйста, hast Du denn aus der Geschichte nichts gelernt? Darf ich Dir ein paar “territoriale Helden” in Erinnerung rufen, und was die Geschichte uns über ihr Ende erzählt?

  • Alexander der Große
    Wurde zum Säufer und starb mit 33 Jahren entweder an einer Alkoholvergiftung oder am West-Nil-Fieber.

  • Napoleon Bonaparte
    Nach dem katastrophalen Russland-Feldzug (!) 1812 Verbannung auf die Insel Elba, später Comeback für 100 Tage mit erneuter Niederlage bei Waterloo, Verbannung auf St. Helena und Tod mit 53 Jahren. Vermutliche Todesursache: Magenkrebs.

  • Benito Mussolini
    Im Alter von 62 Jahren durch ein kommunistisches Erschießungskommando hingerichtet.

  • Adolf Hitler
    Totale Demütigung und Selbstmord mit 56 Jahren.

Oder denkst Du eher an Wladimir den Großen? Da muss ich Dich enttäuschen: Außer ein paar Geschichtsprofessoren kennt den kein Knochen mehr.

Fazit: Wenn Du auf Biegen und Brechen als Bösewicht in die Geschichte eingehen willst, kann ich Dich nicht daran hindern, auf Deinem Weg weiterzumachen. Aber Deine Geburtssonne ist in der Waage, und wenn noch ein Quäntchen von dem für die Waage typischen Harmoniebedürfnis übrig geblieben ist, dann mache es doch wie Xavier Naidoo. Sage allen, dass Du Dich hast täuschen lassen, und dass es Dir leid tut. Dein Ende wird dann zwar auch nicht besonders angenehm sein, aber wenigstens schreibst Du Geschichte, und ein paar Menschen werden bestimmt auch für Dich beten.

Und ich werde es Dir danken, indem ich Dein schönes Land wieder einmal besuche.
всего хорошего!
Dein Hans-Peter 😀

2 thoughts on “Offener Brief an Wladimir Putin”

  1. Lieber Hans-Peter
    Die Briefe an Scholz und Putin habe ich gerne gelesen und kann beiden zustimmen. Obwohl ich den Brief an Putin doch etwas milde finde im Ton. Neben der mangelnden Selbstreflexion fehlt es im ganz offensichtlich an Leaderqualitäten und strategischer Kompetenz, aufgrund der falschen Einschätzung der Resilienz der Ukrainer und der Reaktion von Europa.
    Ich bin kein Freund von Roger Köppel. Er hat es jedoch in der neuesten Ausgabe der Weltwoche geschafft, eine interessantes Interview zu machen mit Klaus von Dohnanyi über den Ukraine Konflikt. Vor allem hat er nicht kommentiert, sondern nur gescheite Fragen gestellt.
    Mit Gruss Heinz

  2. ich habe an den russischen Botschafter in Bern geschrieben und keine Antwort erhalten
    ich habe den Botschafter gebeten doch Einfluss zu nehme und zu bedenken das Putin in einiger Zeit weg sein wird und er aber (der Botschafter) sich für sein Land schämen wird.

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