Wutbürgertum aus Prinzip?


Nach einem Gespräch zwischen Markus Lanz und Richard David Precht habe ich mir heute dieses Gedanken-Experiment erlaubt:

Angenommen, all das, was die sogenannten Wutbürger kritisieren, würde auf wundersame Weise über Nacht korrigiert, und alles wäre genau so, wie sie es heute von der Politik fordern. Meine These lautet: Kein Einziger dieser Bürger käme auf die Idee zu sagen: «Oh, vielen Dank, jetzt ist alles gut!»

Mit anderen Worten: «Wutbürger sein» entspringt nicht einer politischen Notwendigkeit, sondern einer grundsätzlichen Geisteshaltung. Sollte jemand anderer Meinung sein, dann soll er das bitte unten in den Kommentaren kundtun, unter einer Bedingung: Er oder sie muss mindestens zwei Dinge anführen, die in unserem Staat in Ordnung sind. Wenn ihm nichts in den Sinn kommt, muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, ein «Wutbürger aus Prinzip» zu sein.

4 thoughts on “Wutbürgertum aus Prinzip?”

  1. Hallo Hans-Peter,

    ich kommentiere für Deutschland. Zunächst die beiden positiven Punkte. Ich lebe in einem sicheren Land, es ist ein Wohlstand, gutes Einkommen für die meisten möglich.

    Aber mittlerweile herrscht eine „Meinungs-Diktatur“.

    Andere Meinung als der Main Stream = Wutbürger, Verschwurbler, Querdenker, Verschwörungstheoretiker, bis hin zu Nazi. Andere Meinungen werden nicht mehr akzeptiert.

    Es war einfacher für mich, dass ich nicht erwähnte die Fußball WM im TV geschaut zu haben 😌

    Viele Grüße

    Konrad

    1. Drei Zusatzfragen:
      1. Triffst Du die Meinungs-Diktatur überall an oder nur in bestimmten Kreisen?
      2. Betrachtest Du Dich als Wutbürger?
      2. Falls ja bei 2: Wenn die Meinungs-Diktatur morgen nicht mehr da wäre, wärst Du dann zufrieden?

      1. Zu Frage 1: Grundsätzlich ergibt sich das erst, wenn so ein Thema zur Sprache kommt. Ich würde aber schon sagen, dass es alle Kreise treffen kann.

        Zu Frage 2: Nein, wäre ja schlimm, wenn ich nach deinen Kursen nicht auf meine Lebensqualität achten würde 😀 Ich wähle oftmals die Formulierung: Tut mir leid, ich bin Telegram verseucht und sehe deshalb so manche Themen etwas differenzierter.

        Wobei hier das Problem eben beginnt, weil das schon nicht akzeptiert oder sehr abwertend beurteilt wird.

  2. “Wutbürger sein» entspringt nicht einer politischen Notwendigkeit, sondern einer Geisteshaltung”
    Das war wohl schon immer so, nur kann man im Internet wesentlich mehr Lärm machen und die unbequemen Standpunkte der anderen ignorieren und ausblenden, während früher vieles im Rauchnebel des Beizenstammtisches hängen blieb.
    Ich meide den Umgang mit solchen Leuten, weil nichts Positives zurückkommt. Die Gesellschaft soll meine Lebensziele verwirklichen, aber mich nicht bevormunden?
    Ein Beispiel (ich bin nicht Lehrer): Es gibt hier viele an sich nette Leute, welche eine Wut auf die obligatorische Schule haben, die ihr Kind nicht so fördert wie sie es ihrer Ansicht nach sollte. Man kann diesen nicht vermitteln, dass ihre Prinzessin dort eben nur eins von 25 anderen Königskindern ist und dass eine Lehrerin mit 20 Jahren Berufserfahrung vermutlich ein Kind schon einigermassen einschätzen und angemessen unterrichten kann.
    Wutbürger haben einen Schuldigen und ein Rezept für Verbesserung, fürchten aber, dass eintrifft, was sie fordern, weil spätestens dann ihre Lösung sich an der Realität der anderen bewähren müsste. Als Ausweg sind auch die anderen schuld, dass ihr Rezept nicht funktioniert.

    Hier komme ich zu einem positiven Punkt unseres Landes: Man kann hier sehr gut so leben, wie man das will, wenn man es auch tut – was voraussetzt dass man etwas will.
    Ein weiterer ist, dass der Staat meine Kinder auf seine Kosten sehr gut ausgebildet hat. Ein weiterer, dass fast alles so gut funktioniert und einfach da ist, dass man es gar nicht mehr wahrnimmt.

    Zur Frage 3: Jeder Wunsch, wenn er in Erfüllung geht, kriegt augenblicklich Junge (Wilhelm Busch)

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